Fliegende Teppiche
Der Musiker Gerd Posny
Gerd Posny, der Theatermusiker des Theaters an der Ruhr, zaubert mit Klangteppichen. Er hext mit Jingles. Genau genommen sind es mehr als Klangteppiche, die er den Schauspielern und Inszenierungen zur Verfügung stellt. Seine Arbeiten sind Klangteppiche, auf denen man fliegen kann. Die minimalistischen Variationen in seinen Kompositionen sind Klettergerüste. Es sind Stimmungen – wenig mehr. Aber es sind Stimmungen im Sinne der Stimmung von Musikinstrumenten. Sie sind also etwas sehr präzises. Stimmung auf der Bühne ist absolut nichts Vages oder Nebulöses.
Gerd Posny lernte die Direktionsassistentin Renate Grimaldi 1989 als freier Kamerahelfer kennen, als das Theater Trailer seiner Aufführungen für das Kino drehte. Das erste mal, als er durch ihre Vermittlung im Theater an der Ruhr aushalf – er hatte damals wenig mehr zu tun als die Bandmaschine einzuschalten – hatte er, wie er es nennt, ein Déja-Vorwärts. Er wusste in diesem Moment plötzlich und sehr entschieden, dass er von nun an sehr lang an diesem Theater arbeiten würde. Er fing unmittelbar darauf tatsächlich am Theater an der Ruhr an und fand nach einem Rundgang durch alle Abteilungen seinen Platz in der Tonabteilung. Nach seinem ersten Jahr heiratete er die Pianistin Katrin Lüttge. Er ist Vater von drei Kindern. Noch heute arbeitet und komponiert er für das Haus.
1995 trat er erstmals in der Inszenierung Im Dickicht der Städte als Darsteller und improvisierender Musiker auf. Seine erste eigene Theatermusik war ein Synthesizer – Sampler, ein kleiner Tango für die Aufführung Die Schlangenhaut von Slobodan Snajder.
Seine musikalische Vision über die Funktion der Theatermusik hat John Lennon zum Ausdruck gebracht, der vom dem Song For the Benefit of Mr. Kite auf der LP Sergeant Peppers forderte, er wolle das Heu in der Manege riechen können.
Die gleichermaßen optische Musik der Beatles, wie zum Beispiel in Fool on the hill, ist ihm immer wieder ein zentraler Orientierungspunkt. Der Traum von Gerd Posny ist der Traum von einer Musik, die nicht nur über die Ohren, sondern auch visuell, ja, über alle Sinne aufgenommen werden kann.
Er träumt von einer Musik, die mit allem zusammen klingt. Seine Musik will kein Herrschaftsrecht über die anderen Elemente der Bühnenwirklichkeit. Sie will nicht für sich alleine bestehen können. Licht, ein Stuhl auf der Bühne, eine Musik erzählen gemeinsam eine Geschichte, wie er sagt. Songs sind vor allem Geschichten für ihn. Das schottische Traditional Greensleeves ist dafür eines seiner liebsten Beispiele.
Er studierte Musik für das Lehramt, fand aber bereits nach den ersten Unterrichtsbesuchen die Vorstellung selbst zu unterrichten grauenvoll. Er brach das Studium ab. In der Gelsenkirchener Jazz und Art Galerie des Künstlers Lutz Motzko spielte er fortan regelmäßig. Dort fand er den Kontakt zu Größen der Jazzszene des Ruhrgebiets, zum Beispiel zu Achim Krämer, Georg Gräwe, Kai Kanthak und Helge Schneider. Er spielt in bedeutenden Ruhrgebietsbands aber auch in überregional bekannten Formationen, wie z.B. mit Extrabreit und Fehlfarben, mit denen er LPs einspielte.
Er arbeitet am Theater an der Ruhr, weil er die Freiheit der Musik in der Beschränkung auf ihre Funktion auf der Bühne genießt. Die untrennbare Verbindung der Musik mit dem Ganzen der Inszenierung ist ihm ein hoher Genuss. Er schätzt den Arbeitsansatz des Theaters an der Ruhr, nach dem sich die künstlerische Findung aus der kollektiven Intelligenz aller Beteiligten speist. Das sei, wie er sagt, am Theater an der Ruhr immer wieder neu zu erleben.
Hören Sie hier einige Beispiele aus seinen Musiken:
Es war ein König in Thule / Song mit Simone Thoma
Bürger Schippel / Auftrittsmusik
Portrait Gerd Posny von Peter Kapusta